Pressespiegel

Thüringer Allgemeine
02.06.2010

Blick in die Geschichte

1270 Jahre Erfurt: Jürgen Valdeigs Kalender ermöglicht eine historische Zeitreise

PresseartikelFür Jürgen Valdeig verbinden sich die Monate des Jahres 2011 bereits mit konkreten Bildern. Kalenderbildern. Es ist eine Jubiläumsausgabe. Die Nr. 20 aus seinem Heimatverlag. Und jedes Kalenderblatt hat auf dem Weg von der Erstrecherche bis zur fertigen Graphik seine eigene Geschichte. Drei Beispiele:
Von Iris Pelny

ERFURT.
Diesmal ist seine Lieblingsseite der August. Hinter dem Motiv vom O-Bus am Angerdreieck aus dem Jahre 1964 stehen für ihn sowohl städtische wie auch persönliche Erinnerungen. Der zentrale Platz strahlte damals Großstadtatmosphäre aus, mit Leuchtreklamen und pulsierendem Verkehr. Markant war der Verkehrsturm, der heute noch auf dem Evag-Betriebsgelände in der Magdeburger Allee zu sehen ist. Bei der Evag fragte der Heimatmaler wegen Informationen zu den Doppelstockbussen aus Hamburg an. Michael Nitschke, Abteilungsleiter Betrieb/Werkstätten, erzählte ihm vom aufwändigen Umbau für die Erfurter Nutzung. Damit seine Bilder möglichst authentisch sind, wirklich einen Zugang in die Vergangenheit ermöglichen, sind aber auch Schilderungen zu den damals verwendeten Farben nötig. Aus den vielen Fotovorlagen seines Vaters, auch Dias, konnte Jürgen Valdeig Hinweise auf die zu dieser Zeit das Anger-Bild mitprägende Reklame entnehmen. Dann "baute" der Maler aus den zusammengetragenen Vorlagen sein Bild drumherum auf.

Mit dem Jahr 1964 verbindet Jürgen Valdeig (59) aber auch noch ein anderes Anger-Bild. Damals beteiligte er sich als 13-Jähriger an einem Wettbewerb der Tageszeitung "Das Volk" "Wie stellt man sich Erfurt 1975 vor?". Für die eingereichte Zeichnung erhielt er einen Buchscheck über 25 Mark. "Es war mein erstes veröffentlichtes Bild. Ich habe den Anger mit Neubauten versehen und zufällig ähnelten diese dem späteren Volk-Hochhaus und Karstadt-Sporthaus."

In seiner Jugend war der Anger zudem der angesagte Treff für junge Leute.

Besonders viel Aufwand steckte für ihn diesmal im Kalenderblatt März: eine Ansicht der Alten Synagoge von 1340, neun Jahre vor dem Pogrom. Von Freund und CDU-Stadtrat Andreas Huck wurde er darauf aufmerksam gemacht, als sich "da was tat". Zu dem historischen Hintergrund beriet er sich u. a. mit dem Historiker Dr. Steffen Rassloff und dem Kustos Harald Baum, gemeinsam engagieren Sie sich im Förderverein des Stadtmuseums. Jürgen Valdeig versteht auch seine Bilder als Beitrag zum Lebendighalten der Stadtgeschichte. Doch Fotos gab es anno 1340 noch keine. Wie könnte es rund um die Synagoge ausgesehen haben? Zu seinen umfangreichen Forschungen gehörten auch die Auskünfte eines Dachdeckers, dass zu den üblichen Schindeln teils auch schon Steinziegel verwendet worden waren. Nach vielen Skizzen entsteht dann das endgültige Bild.

Nicht fehlen darf im neuen Kunstkalender sein Lieblingsthema - der Domberg. Auch hier entschied er sich für eine Ansicht aus dem Jahr 1340: Ein Blick vom Petersberg auf die Stadt, als die gewaltigen sakralen Bauten entstanden. Schon 1978 hatte er mal an diesem Motiv gearbeitet, damals stellte er den Dom im Hintergrund noch mit zwei Türmen dar. Heute weiß er nach neuen Erkenntnissen, dass es den dritten Turm schon gab. Im Domviertel aufgewachsen, interessierte ihn der Domberg schon seit Kindheitstagen. "Gerade die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts war eine kreative und baulich bewegte Zeit. Und es existieren bisher keine bildlichen Darstellungen", versucht er diese Lücke u. a. mit seinen Graphiken zu füllen. Oft steht er auf dem Petersberg und fotografiert, um die Details genau wiedergeben zu können - bis hin zu den Bergen im Umland. Diesmal zeigt der Blick die gerade fertig gestellte Severikirche noch ohne die spitzen Turmhelme auf den Kirchen.

Seit 1972 malt Jürgen Valdeig, seit der Druckfreiheit, die mit der Wende kam, gibt es seinen Heimatverlag. Ein Stück Erfurt verschickt er u. a. an Stammkunden in Australien, USA, Neuseeland. Es sind teils Auswanderer. Dass seine Beschreibungen in Deutsch und Englisch sind, wird auch von Touristen gut aufgenommen.

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